Tadschikistan – Geheimnisvolle Pforte zum Dach der Welt
Als eigenständiges Land tritt Tadschikistan für die meisten erst nach dem Zerfall der Sowjetunion in den 1990er Jahren in Erscheinung.
Dort, wo Afghanistan mit seinem nordöstlichen Zipfel über die Nordgrenze Pakistans hinausragt, schließt sich im Norden das relativ kleine Tadschikistan mit seiner Hauptstadt Duschanbe an. Zwar ist die Form seiner Landesgrenze ziemlich zerfranst, aber grob lässt sich sagen, dass die maximale Ost-West-Ausdehnung in etwa 680 km und die maximale Nord-Süd-Erstreckung ungefähr 500 km betragen. Umrahmt ist Tadschikistan von China im Osten, Kirgisistan im Norden, Usbekistan im Westen und eben Afghanistan im Süden.
Wer jetzt schon erahnt, dass das Kashmir-Gebirge kaum noch 200 km entfernt liegt, weiß um die grandiose, abwechslungsreiche Landschaft Tadschikistans. Es ist das Land der hohen Berge, riesiger Wasserressourcen, imposanter Gletscher und ganz besonders bunter Frauenkleider im Zentrum des größten Kontinents der Welt: Asien. Der naturverbundene Besucher darf hier über ruhige Bergseen, rauschende Gebirgsbäche, kraftvoll gefaltete Antiklinalen und graue Granitgiganten, zuweilen über karge, unwirtliche Mondlandschaften auf den ausgedehnten Hochebenen und dann wieder über weite, bunte Blumenwiesen staunen.
Im Februar 2019 lud mich der Botschafter der Republik Tadschikistan Sohibnazar Gayratsho in die Botschaft der Republik Tadschikistan ein für eine informative Zusammenkunft zum Thema „Tourismus in Tadschikistan“. Dies möchte ich nun zum Anlass nehmen, Euch ein wundervolles Land mit unberührter Natur vorzustellen, das aber mit herzerwärmender Gastfreundschaft offen ist für jeden neuen Besucher.
Botschaft Tadschikistan in Berlin: SE Sohibnazar Gayratsho – Botschafter der Republik Tadschikistan zusammen mit Stefan Fritsche Herausgeber Adeba.de
Hochgebirge zeugt von tektonischer Aktivität
Seit dem Jahre 1991 ist die ehemalige Sowjetrepublik ein unabhängiger Staat in Zentralasien. Seine Gesamtfläche beträgt mit gut 143.000 km² in etwa die doppelte Größe Bayerns. Mehr als 90 Prozent des Staatsgebiets dürfen mit Fug und Recht als Hochgebirge bezeichnet werden, befindet sich doch über die Hälfte des Landes auf 3.000 m Höhe und darüber. Die gewaltigen Gebirgszüge haben klangvolle Namen wie Hissar Allaya, Tienschan oder Pamir.
Im Osten des Landes dominiert der mächtige Pamir, dessen Gipfel die 7.000-Meter-Marke spielend überschreiten. Dort befinden sich dann auch ausgedehnte Gletscher-Systeme. Pik Somoni (7.495 m ü.N.N.) und der circa 70 km lange, bis zu 3 km breite Fedchenko-Gletscher gehören noch zu Tadschikistan, das ungefähr über 60 Prozent der Wasserressourcen Zentralasiens verfügt.
Zwar gibt es in Zentralasien keine Vulkane, aber aufgrund der Kollision des indischen Subkontinents gegen den asiatischen Block, was zur Auftürmung des Himalaya-Gebirges geführt hat, kommt es gelegentlich auch in Tadschikistan zu Starkbeben-Ereignissen mit Magnituden größer als 7. Die geologischen Aktivitäten im Untergrund machen sich unter anderem als heiße Quellen (bis zu 90 Grad Celsius) sowie mit mineral- und schwefelhaltigen Wasserquellen bemerkbar. Es heißt, diese Wässer befördern die Fruchtbarkeit (Fertilität) der Frauen. Besonders bekannt geworden sind die Quellen „Garm-Chashma“ und „Bibi-Fatima“ in Pamir. „Obi Garm“ befindet sich in einer Region nahe Duschanbe.
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Ungefähr ein Prozent der Landesfläche ist von insgesamt circa 2.000 Seen unterschiedlicher Entstehungsgeschichte bedeckt. Die größten Seen Karakul, Sarez und Zorkul befinden sich in Pamir. Trotz des Reichtums an Wasser eignen sich aufgrund der steilen Gebirgsflanken nur wenige Flächen für den Ackerbau.
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Tadschikistan in Buchstaben und Zahlen
Mit circa 780.000 Einwohnern ist Duschanbe zugleich Hauptstadt und die bevölkerungsreichste Stadt des Landes, das mit insgesamt 9 Millionen Einwohnern aufwarten kann (Stand 2017). Davon sind 83 Prozent Tadschiken, 13 Prozent Usbeken und die restlichen vier Prozent teilen sich in Kirgisen, Russen und Pamiri auf. Während zum Beispiel die Pamiri schiitische Ismaeliten (5 %) sind, gehören ungefähr 90 % der Einwohner dem sunnitischen Islam an. Christen bilden mit circa drei Prozent in Tadschikistan eine klare Minderheit.
Links zu Tadschikistan
Konsul des Jahres kommt aus Tadschikistan
Reisejournalisten bei Tadschikistan
Reisehinweise: Auswärtiges Amt Tadschikistan
Mit statistisch 2,7 Kinder pro Frau (2016) ist in etwa ein Drittel der Bevölkerung jünger als 15 Jahre. So kann sich Tadschikistan über die jüngste und am schnellsten wachsende Bevölkerung Asiens freuen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in Tadschikistan noch arabische Schriftzeichen verwendet. Durch die Eingliederung in die Sowjetunion kam es zunächst zur Einführung eines etwas modifizierten lateinischen Alphabets, um schließlich ganz auf die kyrillische Schrift zu setzen. Da die Aussprache dort zuweilen etwas von den gewohnten russischen Lauten abweicht, wurden zusätzlich noch Sonderzeichen eingeführt. Die ursprüngliche tadschikische Sprache ist wie das heutige Farsi ans Persische angelehnt. So kommt es, dass sich Tadschiken, Afghanen und Iraner recht problemlos unterhalten können.
Wann das Klima besonders angenehm ist
Fernab von allen Meeresküsten wird Tadschikistan von einem streng kontinentalen Klima beherrscht. Das bedeutet extrem heiße Sommer und eisige Winter, wobei auf den Höhenlagen auch die Tagesschwankungen der Temperatur ganz beachtlich sind. Und wo es hohe Gebirge gibt, bilden sich meistens mehrere deutlich abgegrenzte Klimazonen aus. Nach dem kalten Winter legt sich ein ziemlich regnerischer, aber kurzer Frühling übers Land. Dann übernimmt ein sehr heißer, trockener Sommer das Regiment. Der schöne Herbst ist noch trocken und warm, um dann recht abrupt in Nässe, Kälte und Frost zu erstarren.
Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass wir uns hier auf knapp 37 Grad nördlicher Breite, also auf dem gleichen Breitengrad wie das südspanische Andalusien, befinden. Wer schon mal die Sommersonne Andalusiens kennenlernen durfte und sich vorstellt, dort in 3.000 m Höhe herumzulaufen, begreift bestimmt, dass in Tadschikistan mit sehr intensiver Sonnenstrahlung zu rechnen ist. Und wer die Berge kennt, vielleicht schon mal längere Zeit in der Schweiz oder Österreich gelebt hat, weiß, dass in solcher Landschaft plötzliche, heftige Wetterumschwünge an der Tagesordnung sind.
Die größeren Städte Khudschand, Pendschikent und Duschanbe kannst Du klimatechnisch ab April gut besuchen. Aber auch der Monat Oktober und noch die erste Hälfte des Novembers bieten sich für so eine Städtereise an. Den Pamir Highway kannst Du eigentlich erst ab Mai befahren, rechne dort aber stets mit extremen Wetterkapriolen. Im Hochland des Pamir setzen wirklich ungemütliche Herbststürme schon ab Oktober ein. Für Bergtouren ins Hochgebirge solltest Du lieber die Zeit zwischen Mitte Juni bis Mitte September einplanen, eine wirklich gute Ausrüstung vorausgesetzt.
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Die frühesten Funde menschlichen Wirkens im Gebiet von Tadschikistan stammen aus der Steinzeit. Im Jahre 339 vor Christus gründete Alexander der Große die Siedlung Alexandria Eschatê, das heutige Chudschand im Norden Tadschikistans. Später herrschten dort Araber, Samaniden, Türken sowie Mongolen. Um 1275 bereiste Marco Polo die Region, um weiter nach China zu gelangen. Das Emirat von Buchara nannte die Region Tadschikistans seit dem Mittelalter sein Eigen und im 19. Jahrhundert kam Tadschikistan unter russischen Einfluss. Das Archäologische Institut Berlin beschäftigt sich aktuell in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften Tadschikistan mit Ausgrabungsarbeiten in Panjakent, Turbuloq, Farchor, Hulbuk und Khovaling, um insbesondere die hellenistische Phase dieses Gebiets besser zu verstehen. Ab dem Jahre 1929 war Tadschikistan eigenständige Sowjetrepublik.
Tourismus
Die Bewohner Tadschikistans gelten als besonders aufgeschlossene, gastfreundliche Menschen. Am Fedtschenko-Gletscher haben sich circa 30 Familien zusammengeschlossen, um unter dem gemeinsamen Dach von „Pecta“, einer Vereinigung für Öko-Tourismus, den Gästen des Landes die spektakuläre Bergwelt Tadschikistans näherzubringen. Der Pamir-Nationalpark wurde zurecht in die Welterbe-Liste (Weltkulturerbe und Weltnaturerbe) der UNESCO aufgenommen. Ein besonders beliebtes Ausflugsziel befindet sich gleich in der Nähe der Hauptstadt Duschanbe. Es handelt sich um den von malerischer Berglandschaft umgebenen Nurek-Stausee.
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Tadschikistan wird in den letzten Jahren immer mehr zum Ziel von Trekkern, Abenteurern und natürlich Bergsteigern. Hochburgen, Resorts, Erholungszentren und Sanatorien bieten ihre wertvollen Dienstleistungen an, um stressgeplagten Touristen eine wohltuende Behandlung zukommen zu lassen. Im Jahre 2018 verzeichnete die Tourismus-Branche des Landes immerhin schon mehr als 20.000 Gäste allein aus Europa, Tendenz steigend. Die meisten davon kamen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich. Besonders nachgefragt sind der sogenannte Ökotourismus, Rafting, Alpinismus, Fahrrad- und Motorradfahren.
Noch ist Tadschikistan eine abgelegene, urwüchsige Region, fernab von jeglicher Industrie und Umweltverschmutzung. Nicht einmal der Klimawandel hat das versteckte Land zwischen den Bergen für sich entdeckt. So ist Tadschikistan ein geeignetes Stück unberührte Natur für all jene, die der „Stadtneurotik“ wenigstens für eine kurze Zeit entfliehen wollen, um ihre ermatteten Batterien für den nächsten Kampf in überdrehter Zivilisation wieder aufzuladen.
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„Gut Ding will Weile haben“
Die „Schweiz Zentralasiens“ ist fest entschlossen, den Berg- und Ökotourismus weiter auszubauen. Ihre im wahrsten Sinne des Wortes größte Attraktion ist natürlich das Pamir-Gebirge. Um den Touristen entgegenzukommen, wurden die Visa- und Kurortsgebühren gerade deutlich gesenkt und die Einreise überhaupt erleichtert. Die Regierung von Tadschikistan hat verstanden, dass der Tourismus für ihr Land einen sehr ernst zu nehmenden Wirtschaftsfaktor darstellen kann. Daher wurde 2016 das neuartige E-Visasystem eingeführt, wodurch das Prozedere, ein Einreisevisum zu erlangen, ganz deutlich vereinfacht wurde. Erste Luxushotels sind in Duschanbe bereits aus dem Boden gewachsen. Das größte Teehaus von Zentralasien, das dort ebenfalls gerade gebaut wird, soll ungefähr 3.000 Gästen Platz bieten.